Die Vermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt. Das ist nicht neu. Die Schere zwischen denen, die viel besitzen und jenen, denen wenig gehört, geht jedoch weiter auf. Wer Vermögen hat, kann leichter darauf aufbauen und es leichter vergrößern. Politiker aller Couleur diskutieren sich immer wieder die Köpfe heiß, wie dieses Problem gelöst werden könnte, zumal sich die Situation durch die angespannte Lage am Wohnungsmarkt sogar noch verschärft. Doch alle Ideen – über Vermögens- oder Erbschaftssteuern – etwas zu ändern, landeten immer wieder in der Sackgasse.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat eine interessante Lösungsmöglichkeit dargelegt, das in der breiten Öffentlichkeit bislang kaum Beachtung gefunden hat. 18-Jährige sollen ein Grunderbe von 20.000 Euro erhalten, das sie entweder in ihre weitere Ausbildung, in den Erwerb von Wohnungseigentum oder zum Start in die Selbständigkeit inklusive Unternehmensgründung investieren können. Ergänzend soll der Ersterwerb von Immobilien von der Gewerbesteuer befreit werden. Der Vorschlag hat Charme und sollte auf jeden Fall intensiver diskutiert werden.
Der Aufschrei wird aber besonders aus den Familienunternehmen laut werden, denn das DIW will das Modell vor allem mit Steuern auf hohe Vermögen – über 20 Millionen Euro – gegenfinanzieren. Das bekannte Argument der Unternehmer, alles Vermögen stecke in der Firma, deshalb gefährde eine Besteuerung die Zukunft des Betriebs, wird vom DIW aufgenommen und zumindest zum Teil widerlegt. Wer sich die privaten Anwesen, die Ausstattung, den Fuhrpark und den Lebensstil vieler Unternehmer betrachtet, wird bezweifeln, dass alles Geld in der Firma steckt. Bei einer jährlichen niedrigen Grundbesteuerung ließe sich die Substanz der Unternehmen bewahren durch entsprechende hohe Freibeträge und Stufentarife. Darüber hinaus gibt es viele Multimillionäre, die kein Unternehmen besitzen.
Allerdings stehen hinter der Idee des Grunderbes mehrere Fragezeichen. Was lässt sich tatsächlich mit 20.000 Euro bewerkstelligen? Ein Studium oder eine selbst zu finanzierende Ausbildung könnten die jungen Menschen damit sicherlich gut finanzieren. Ein Steigbügel zur Selbständigkeit könnte das Geld vielleicht auch sein, da viele Startkosten damit bezahlbar wären. Für die Unternehmensgründung dürfte der Betrag aber deutlich zu niedrig sein. Zudem dürfte – angesichts der hohen Immobilienpreise und der kaum gebremsten Preissteigerung – das Startgeld gerade mal die Notarkosten beim Wohnungskauf decken. Gleichwohl muss das Ziel, mehr Menschen zu Wohneigentum zu verhelfen, in der Prioritätenliste weit oben stehen, weil es in der Regel vor Altersarmut schützt.
Es ist unumstritten, dass Kapitalerträge eine der wesentlichen Ursachen für Einkommensungleichheit ist. Dies liegt auch an den Sparern selbst. Eine Mehrzahl legt das Geld noch immer in renditeschwache Anlagen an. Wenn dann noch die Inflationsquote steigt, ist der reale Vermögensverlust unausweichlich. Sehr viele Menschen trauen sich nicht, überschaubare Risiken einzugehen. Sie haben oft weder ausreichende Kenntnisse über wirtschaftliche Zusammenhänge noch über die Anlagemöglichkeiten auf den Finanzmärkten. Daran gilt es anzusetzen. Aus- und Weiterbildung in der Geldanlage und der privaten Altersvorsorge sollte zum Standard werden. Ein Schulfach Wirtschaft, ab der 5. Klasse könnte das erforderliche Wissen vermitteln. Die 15 Milliarden Euro für das Grunderbe wären hierfür wohl besser investiert, allerdings würden sich die Erfolge erst auf lange Frist zeigen. Insofern wäre eine Kombination aus beiden Ideen die bessere Lösung. Wenn dann noch die Sparerfreibeträge deutlich erhöht und die Kapitalertragssteuer für kleine bis mittlere Erträge gesenkt würden, hätten mehr junge Menschen die Chance, ein kleines Vermögen anzulegen und im Laufe ihres Lebens darauf aufzubauen.