Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten. Die Medien leben diesen Leitsatz seit Jahren aus. Eine schlechte Nachricht erzeugt mehr Aufmerksamkeit bei Lesern, Zuhörern oder Zusehern. Dies belegen die Klickzahlen auf den Webseiten der Medien leider deutlich. Je reißerischer die Überschrift, desto eher springen die Nutzer darauf an. Die sozialen Medien haben diesen Trend noch verstärkt. Nur wer in krassen Worten formuliert, wird wahrgenommen. Ob die Titelzeilen vom Text noch gedeckt werden, spielt oftmals keine Rolle mehr. Vielmehr kommt es häufig vor, dass man sich als Leser verschaukelt fühlt und sich sogar ärgert, den Text überhaupt gelesen zu haben.
Die Mediennutzer sind für diese Entwicklung in einem erheblichen Maße mitverantwortlich. Wer sich vor allem auf Drama, Unfälle, Kriminalität oder Beziehungsprobleme von Prominenten stürzt und dabei hintergründige, analytische Berichte zu Wirtschaft, Politik oder Gesellschaft unbeachtet lässt, muss sich nicht über die Folgen wundern. Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Die durch künstliche Intelligenz verbesserten Algorithmen versorgen mit der Zeit immer besser die einseitige Nachfrage der Nutzer. Das ist nicht neu, aber die Konsequenzen werden immer klarer sichtbar. Die Zahl derer, die gut informiert sind, sinkt rapide.
Erschreckend ist, dass sich viele Medien sich dem Trend nicht mehr entgegenstemmen, sondern ihn mit ihrer eigenen Arbeitsweise sogar füttern. Das beste aktuelle Beispiel ist die Debatte über die Lieferungen von Waffen an Israel, die im Gazastreifen gegen die Bevölkerung eingesetzt werden können. Bekanntlich hat Bundeskanzler Friedrich Merz eine Beschränkung dieser Lieferung angekündigt. Angeblich soll er sich dabei nicht mit der Schwesterpartei CSU abgesprochen haben. Was machen viele Medien daraus? Sie versuchen CSU-Politiker zu negativen Äußerungen über die Entscheidung zu provozieren. Genau betrachtet versuchen diese Medien, einen Streit zu eskalieren, bei dem es kaum mehr um die Sache geht, sondern um die parteipolitische Auseinandersetzung.
Erinnern wir uns an die Streitereien in der Ampelkoalition mit SPD, Grüne und FDP. Diese ständigen öffentlich ausgetragenen Diskrepanzen haben die Menschen verärgert und sicherlich ihren Teil zum Scheitern der Koalition beigetragen. Viele Medien haben umfassend über diese Reibereien berichtet, weil sie damit Aufmerksamkeit für sich gewinnen wollten. Diese Medien haben zugleich mit ihrer Berichterstattung die Zänkereien befeuert. Insofern ist deren Arbeitsweise und Argumentation heuchlerisch und bisweilen zynisch. Das Gleiche passiert nun wieder mit der neuen Dreier-Koalition aus CDU, SPD und CSU.
Aufgabe eines guten, seriösen Journalismus ist es, sachlich ausgewogen zu berichten. Dabei sollte natürlich im besten Sinn ein Thema aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Stimmungen zu provozieren, Parteien gegeneinander aufzuhetzen und dabei zu vergessen, ausreichend die Fakten zu erläutern, ist der falsche Weg. Dies sorgt für Politikverdrossenheit und im schlechten Fall für eine Offenheit vieler Nutzer für einfache und bisweilen falsche Informationen, weil diese Nutzer zu wenig Bescheid wissen.
Angesichts der riesigen Zahl an schlechten Nachrichten über Kriege, Krisen, Wirtschaftsbeschränkungen und fehlender Reformen, wächst nun eher die Zahl derjenigen, die kaum noch Nachrichten sehen, hören oder lesen wollen. Wer will ständig mit negativen Themen seine Stimmung drücken lassen. Die Gleichgültigkeit verbreitet sich nach dem Motto, wir können ja sowieso nichts ändern. Insofern stellt sich für die Medien verstärkt die Frage: Sind schlechte Nachrichten wirklich noch gute Nachrichten?