Zu Beginn des Jahres 2024 war das Gejammer in der Gastronomie groß, weil der Mehrwertsteuersatz für den Verzehr im Restaurant oder im Café wieder auf 19 Prozent gestiegen ist. Im Zuge der Corona-Pandemie hatte dreieinhalb Jahre lang ein vergünstigter Satz von 7 Prozent gegolten. Der Verband und die Betriebe stimmten ein herzzerreißendes Klagelied an und prognostizierten den Untergang der Wirtshauskultur, weil sie befürchteten, keine Gäste würden mehr kommen. Schließlich müssten die Gastwirte nicht nur die höhere Inflation, sondern nun auch die höhere Mehrwertsteuer in ihren Preisen für die Speisen weitergeben. Doch die Bundesregierung blieb standhaft und kehrte zu den alten Sätzen zurück. Jammern ist Teil des Geschäfts der Branche.

Es gehört zu den absurden Regelungen der deutschen Steuergesetze, dass auf Speisen, die vom Kunden mitgenommen werden oder zum Kunden geliefert werden, nur ein Steuersatz von 7 Prozent anfällt. Will der Kunde jedoch seine Speise im Restaurant oder Café verzehren, muss der Gastwirt 19 Prozent Mehrwertsteuer darauf erheben. Vermutlich möchte der Gesetzgeber den Gastwirten die immense Abnutzung seiner Tische, Stühle und seines Geschirrs sowie das Säubern und Spülen vergüten. Wahrscheinlich dürfen die Gastwirte – trotz des bereits im Preis enthaltenen Bedienungsentgelt – den Zuschlag auch erheben für das Bringen des Gerichts von der Küche an Tisch des Gastes. Schließlich kommt diese Dienstleistung einer Zwangsarbeit sehr nahe. Aber ist das Servieren der Speisen im Grunde nicht eine Lieferung an den Tisch? Wenn der Gast eine Lieferung nach Hause wünscht, ist der Aufwand für den Gastwirt ungleich höher, trotzdem fallen hier nur 7 Prozent Mehrwertsteuer an. Das kann demnach nicht der Grund sein.

Egal, es ist wie es ist. Grundlegende Steuerreformen, die das System tatsächlich vereinfachen würden, hat noch keine Bundesregierung geschafft und dies wird wohl nie mehr passieren. Die Gastwirte haben jedenfalls gut gelernt, diese Regelungen für sich auszunutzen. Zum einen geben sie gesunkene Preise nicht an den Kunden weiter, denn irgendwas wird – gefühlt – ja immer teurer. Zum anderen zocken viele ihre Gäste mit der oben besprochenen Mehrwertsteuerregel ab. Dies fällt besonders häufig in Cafés auf, wo der Preis für den im Haus verzehrten Kuchen bis zu mehr als einem Drittel höher liegt als der Mitnahmepreis.

Argumentierte man nachsichtig, läge der Schluss nahe, dass die Eigentümer wie so viele andere Menschen, sich mit der Prozentrechnung schwer tun und sich leicht verrechnen – zufällig zu ihren eigenen Gunsten. Letztlich muss man dieses schamlose Verhalten aber als das benennen was es ist: Abzocke. Auf der Terasse sitzend, von der Frühjahrssonne geblendet, fällt es aber nur wenigen Gästen auf, wie sie über den Tisch gezogen werden.

Ein Kommentar

  1. Diese Entwicklung kann ich bestätigen. In einem Café in Garmisch, in dem viele Touristen verkehren, kostete der Kuchen am Tisch 5,50 Euro, zum Mitnehmen 4,10 Euro. Das ist nicht nur unverschämt teuer, das ist Wucher.

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