Also mal ehrlich, welche zwei Berufsgruppen fallen Ihnen sofort ein, wenn es ums Lügen geht? Klar, als erstes die Journalisten. Die schreiben doch sowieso nur, was denen gerade so einfällt und woraus sich schöne Schlagzeilen formulieren lassen. Wenn die Kreativität versiegt, dann kupfern die rasenden Reporter munter voneinander ab. So lügen sie dann wenigstens alle gleichlautend, vielleicht sprachlich etwas abgewandelt. Seit der Erfindung der Buchdruckerkunst ist die Verbreitung von Unwahrheiten auf Papier gang und gäbe. Nicht von ungefähr kennen wir deshalb alle den Spruch, die lügen wie gedruckt.
Regierungen, die nur das Wohl ihres Volkes im Sinn haben, schränken deshalb vehement die Rechte von Journalisten ein. Nur so kann das staatsgefährdende Unwesen der Lügenpresse gebändigt werden. Die Mehrheit der Menschen in diesen Ländern sieht das als große Erleichterung an, weil jeder gedruckte Satz, der nicht der eigenen Meinung entspricht – bzw. der deckungsgleichen Meinung der Regierung – ist natürlich von vorne bis hinten erlogen.
Damit haben wir ein Problem, denn die zweite Gruppe der notorischen Lügner bilden bekanntlich die Politiker. Dann stellt sich die schwierige Frage, wer die besseren Lügner sind, die Journalisten oder die Politiker. Lassen wir die Antwort offen. Es ist jedoch augenfällig, wie viele Politiker vor ihrer Wahl dutzende Versprechen abgeben, an die sie sich schon kurz nach der Wahl nicht mehr erinnern können. Einigen muss man zumindest eingestehen, dass sie eine hohe kreative Kunst der Ausrede entwickelt haben. Sie finden tolle Argumente, warum die Rahmenbedingungen die Umsetzung des Versprochenen nicht mehr zulassen. Selbst die im gedruckten Koalitionsvertrag enthaltenen Vereinbarungen entsprechen dann plötzlich nicht mehr der Wahrheit, sondern unterliegen der parteipolitischen Auslegung.
Politiker können oftmals nicht so tugendhaft sein, wie sie gerne wollten. Gerade bei schwierigen Gesetzen können sie nicht die volle Wahrheit verkünden. Das Volk ist schlicht zu doof, um zum Beispiel die unglaublich großen Vorteile eines Heizungsgesetzes zu erkennen, selbst wenn die Regierung ihm es detailliert erklären würde. Noch schlimmer trifft es jene Regierungsmitglieder, die qua Amt ständig ins Ausland reisen, sie müssen diplomatisch sein. Diplomatisch sein, ist ein schönes Synonym für lügen. Einem kriegstreibenden Staatschef ehrlich ins Gesicht zu sagen, dass man ihn für einen Vollpfosten hält, ist angesichts der schwer absehbaren Konsequenzen wahrscheinlich nicht sinnvoll.
Einige Politiker plagt – im Gegensatz zu den Journalisten – allerdings das schlechte Gewissen über das lasterhafte Verhalten ihrer Zunft. Die moralisch Untadeligen sitzen vorbildlich in den Talkshows der Fernsehsender und fordern andere Politiker auf – in der Regel jene von konkurrierenden Parteien – sich ehrlich zu machen. Keiner dieser Sittlichen erklärt uns, wie man sich am schnellsten ehrlich machen kann. Das ist bestimmt genauso schwer, wie mit dem Rauchen aufzuhören, weniger ungesund zu essen oder sich mehr zu bewegen. Wir haben leider auch kein Patentrezept dafür, wir können nur dies vorschlagen: Seid aufrichtig, glaubwürdig, vertrauenswürdig, redlich, ehrenwert, zuverlässig… alles wunderbare Synonyme für ehrlich.