Mit jeder Welt- und Europameisterschaft im Männerfußball vergrößert sich nicht nur die Zahl der teilnehmenden Teams, sondern auch die Zahl der Experten im Fernsehen. Jedem Moderator und jeder Moderatorin steht sowohl am Spielfeldrand, als auch im Stadion sowie im Fernsehstudio mindestens ein Experte zur Seite. Damit kann erst die geballte Kompetenz zum Tragen kommen. Übertragungen und Kommentierungen finden nur noch im doppelten Doppel statt. Der Erkenntniswert für die Zuschauer hat sich dadurch eher halbiert, weil Vieles doppelt gesagt wird. In der Vor- und Nachberichterstattung benötigten die öffentlich-rechtlichen Sender noch mehr Leute. So sitzen beim ZDF neben den Moderatoren mindestens drei Fußballexperten sowie oft noch mindestens ein B-, oder C-Promi, die natürlich wahnsinnig viel Neues über Fußball zu sagen wissen.

Für die Übertragung eines Fußballspiels kommen gut zehn Personen zusammen, die nichts anderes machen, als zu quatschen bis zum Sankt Nimmerleinstag. Für die öffentlich-rechtlichen Sender ist dies ein Nullsummenspiel, da dies die Zuschauer mit ihren Rundfunkgebühren bezahlen müssen. Dabei ist es egal, ob sie diesen Wahnsinn gut oder schlecht finden, aber vielleicht wird bei Fußballübertragungen deshalb so viel Alkohol getrunken. Sollte es mal wieder etwas teurer werden, weil noch ein paar Ex-Fußballprofis irgendwo untergebracht werden müssen, bitten ARD und ZDF einfach um die nächste Gebührenerhöhung. Im Gegenzug laufen dann jeden Tag im Fernsehen statt fünf Tatortwiederholungen deren zehn.

Weil sich die Weisheiten beim Fußball, zumindest wenn man darüber spricht, nicht vergrößern, wiederholen Experten und Moderatoren die teilweise inhaltsleeren Phrasen bis zum Erbrechen. Einige schöne Beispiele, teilweise mit schöne Doppeldeutigkeiten: „Die Mannschaft muss die Tiefe attackieren!“…warum nicht den Gegner und niemals die Höhe? „Das Team muss besser gegen den Ball arbeiten!“…warum nicht mit dem Ball und gegen die andere Mannschaft? Warum ist es keine Schwalbe, wenn sich Spieler immer wieder „fallen lassen“? Warum bekommt manchmal ein Spieler einen Elfmeter, wenn er sich „fallen lässt“? Hat er diesen dann „rausgeholt“ und woher? Wo sind die „Halbräume“ von denen so viele sprechen? Warum sucht die Mannschaft „einen Abnehmer für den zweiten Ball“? Ein zweiter Ball ist allerdings auf dem Feld nicht erlaubt. Wie beherrscht eine Mannschaft „eine Umschaltsituation“? Wer hat dazu den Schalter, der Trainer oder der Kapitän?

Angeblich hat fast jede Mannschaft einen „Unterschiedsspieler“, dabei sind doch alle Spieler unterschiedlich. Viele Experten glauben ja sogar, dass ein Unterschiedsspieler ein „Spiel alleine entscheiden kann“. Meines Wissens ist es noch keinem Spieler gelungen, allein gegen eine ganze Mannschaft zu gewinnen, zumal er nicht gleichzeitig ins „Pressing“ und ins „Gegenpressing“ gehen kann und es ihm nicht möglich ist, gleichzeitig anzugreifen und die „Restverteidigung“ zur Absicherung bereitzustellen. Die Taktik, des „One-Touch-Fußballs“ fällt dann leider auch aus. Was passiert, wenn der Spieler eine Ecke „rausholt“… wer schießt, wer nimmt die Flanke ab?

Es gibt noch so viele unbeantwortete Fragen zum hochkomplexen Thema Fußball. Leider können wir aus Zeitgründen gar nicht alle stellen, außerdem rechnen wir nicht wirklich mit einleuchtenden Antworten. Aber zumindest haben Sie nun eine Erklärung, warum Fußballübertragungen so unglaublich in die Länge gezogen werden. Im Zweifel haben Sie die Umschaltsituation in der Hand: Ein Druck auf die Fernbedienung genügt.

2 Kommentare

  1. Gestern hat nur Oliver Schmidt das Spiel der Deutschen kommentiert. Auf der Tribüne waren es nur KMH, Chris und Per…. 🙃

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