Der große niederländische Fußballphilosoph Huub Stevens, mit einer Vorliebe für Disziplin und Ordnung, hat den mathematisch Unbegabten die Bedeutung der Null nähergebracht. Sein legendärer Satz „die Null muss stehen“ hat sich in die Fußballhirne eingebrannt. Auf leicht verständliche Art erklärte er, wenn die Mannschaft sich kein Tor einfängt, also zu Null spielt, kein Spiel verlieren kann. Auch seine Schlussfolgerung ist genial: „Dann brauchst du nur ein Tor zu schießen und gewinnst drei Punkte.“ Wer das nicht in Nullkommanichts versteht, ist selbst eine Null. Eine Null ist ein Depp, eine Doppelnull ein berühmter Agent. Der Unterschied zwischen einem Loser und einem Helden ist also nur eine Null.

Während die Menschen über Jahrhunderte ohne die Null ein tristes Leben führen mussten, können sie heute über verschiedene Nullen verfügen. Manager sprechen gerne von einer schwarzen Null, wenn sie im Geschäftsjahr keinen Gewinn, also nichts erreicht haben. Sie reden nie von der roten Null, obwohl sich die schwarze Null praktisch nicht von der roten Null unterscheidet. Im Ergebnis unterscheidet sich ein Miniminiminigewinn (schwarze Null) nicht von einem Miniminiminiverlust (rote Null). Es hört sich wohl einfach besser an.

Die fortschrittlichen Zeitgenossen sprechen lieber über die Notwendigkeit einer grünen Null. Falls Sie jetzt sofort an Roulette denken, sind sie Anhänger des traditionellen Glückspiels in Spielbanken, aber befinden sich hier auf dem Holzweg. Wobei dieser auch nicht der geeignete wäre, um die Emissionen auf null zu setzen. Wenn Sie für sich das Ziel  Klimaneutralität – also die grüne Null – ausgerufen, ist dies zwar sehr ehrenwert, bewirkt im Großen und Ganzen aber null. Sie brauchen noch ein paar Mitstreiter.

Wer sich auf die Fahnen schreibt, irgendetwas auf null senken zu wollen, liegt zumindest im Trend. Unternehmen wollen gerne die Zahl der Arbeitsunfälle oder der Krankheitstage auf null drücken. Diejenigen, die bei gefährlichen Aufgaben oder Einsätzen null Risiko erreichen wollen, unterliegen einer Illusion. Es gibt demnach mehr oder weniger sinnvolle Null-Ziele: Als die Europäische Kommission im April 2022 wegen der hohen Inflation die Mehrwertsteuersystemrichtlinie änderte, schrie ausnahmsweise mal niemand empört auf. Seitdem ist ein Nullsteuersatz auf alle lebensnotwendigen Güter möglich, wozu auch Lebensmittel gehören.

Wenn Verkehrsminister etwas entscheiden, wundern sich viele Menschen nicht mehr, dass  Verkopftes, bisweilen Blödsinniges dabei rauskommt. Stecken die Verkehrsminister der Europäischen Union ihre Köpfe zusammen, um sich gemeinsame Ziele zu setzen, kann dies zur Erheiterung beitragen. Die Minister haben entschieden, bis 2050 die Zahl der Verkehrstoten auf null zu senken. Ich freue mich darauf, zu sehen, wie die Politiker den Faktor Mensch eliminieren wollen.

Der Mensch an sich ist deppert und verhält sich deppert, also oft nicht so, wie wir es erwarten, deshalb gibt es Unfälle.  Selbst wenn die Verwirklichung des Ziels trotzdem gelänge, könnte ich mich – bösartig wie ich bin – in der letzten Stunde meines Lebens in mein Auto setzen und mit Vollgas gegen einen Baum fahren. Schon wäre das hehre Ziel der EU-Verkehrsminister verfehlt. Blöderweise bekäme ich dann nicht mehr mit, welcher Verkehrsminister die Verantwortung dafür übernimmt und zurücktritt.

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