Zu Beginn eines jeden Jahres können wir die vielen Schnäppchen wieder sehen, die uns zum Fitnesstraining animieren sollen. Die Discounter überschlagen sich mit tollen Angeboten wie Hanteln, Springseilen, Stretchbändern oder Gymnastikbällen. Sogar Rudergeräte, Stepper und andere Maschinen appellieren an unser schlechtes Gewissen, nach der Völlerei über die Feiertage sich endlich mehr zu bewegen und die angefressenen Kilos loszuwerden.
Mit guten Vorsätzen sausen wir in die Läden und kaufen mit Begeisterung die günstigen Produkte in allen Farben und Variationen. Das haben wir schon Anfang des vergangenen Jahres und auch in den Jahren davor gemacht, aber auf unerklärliche Weise gehen fast alle Fitnessartikel schon nach wenigen Wochen in den Untiefen des Kellers verloren. Wir haben den Verdacht, dass der innere Schweinehund seinen unglaublichen Hunger mit unserer Ausrüstung stillt. Doch dieses Mal wird alles anders: Auf dem Sofa liegend haben wir uns bereits einige Videos angesehen und sind überzeugt, bald so toll auszusehen wie die Vorturner. Komischerweise poppen ständig Spots für leckeres Essen auf – schon ist der Hunger wieder da.
Natürlich haben wir schon stramme Spaziergänge an der frischen Luft gemacht, mit schönen Podcasts im Ohr, die uns zeigen, wie wir immer voll motiviert bleiben. Dabei sind wir auf einige Plakate von Fitnessstudios gestoßen. Sie laden uns ein, zu besonders günstigen Konditionen bei ihnen unter Anleitung von Experten zu trainieren. Trainiere zwei Monate zum Preis von einem, drei Monate günstiger sporteln als wir für ein Abendessen im Wirtshaus zahlen müssten oder gar die Möglichkeit, sich kostenlos zu verausgaben. Natürlich lassen wir uns von den Angeboten animieren und melden uns im nächstgelegenen Studio ein, schließlich soll der kurze Weg dorthin unserem Schweinehund kein Argument liefern, zu Hause zu bleiben.
Im Studio legen sich die Trainer mächtig ins Zeug, um uns den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Sie loben im Überschwang die Vorzüge des Studios vor jenen der Konkurrenz. Sie arbeiten uns einen schönen Trainingsplan aus, der alle Muskeln innerhalb weniger Wochen anschwellen lassen wird. Wir freuen uns bereits auf den Badesommer, damit wir unseren Traumkörper zeigen können. Alle werden beeindruckt sein und uns wahnsinnig beneiden.
Weil wir motiviert sind, unterschreiben wir gleich einen Jahresvertrag, weil dieser mit dem Starterangebot so günstig ist. Mindestens dreimal pro Woche wollen wir das Studio aufsuchen. Schließlich trainieren so viele Menschen genauso engagiert wie wir. Nach anfänglichen Erfolgen und dem dritten Trainingsplan geht es kaum mehr vorwärts. Der leidenschaftliche Trainer ist kaum noch zu sehen und wenn, ist er meist mit wichtigen anderen Themen am Computer beschäftigt. Egal, bei dem sonnigen Frühjahrswetter, macht es viel mehr Spaß, sich draußen zu bewegen. Eine Fahrt mit dem Radl in den Biergarten ist eine schöne Alternative und eine effektive Fitnessübung.
Der Sommer kommt, die Temperaturen steigen. Zum Traumkörper hat es nicht ganz gereicht, aber wir hatten uns ja vorgenommen, nicht mehr so pingelig mit uns zu sein. Schwimmen, radeln, ab und zu Fitness im Freien – eigentlich machen wir es ziemlich gut. Bei der Hitze ist es im Studio ohne Klimaanlage unangenehm. Der Sommer geht, der Herbst kommt, das Fitnessstudio kassiert die monatlichen Beiträge ihrer Mitglieder, ohne etwas dafür tun zu müssen. Es gibt für Studios nichts Schöneres als Karteileichen. Anfang des kommenden Jahres beginnt das Spiel von neuem. Es kommen die Neumotivierten und gleichen locker den Schwund derjenigen aus, die nicht vergessen haben, ihr neues Kündigungsrecht wahrzunehmen.
Irgendwie müssen die Studios doch überleben. 😀