15. Juni 2021

Der große Dokumentarfilmer Vicco von Bülow alias Loriot hat immer wieder Möglichkeiten aufgezeigt, wie wir mit einfachen Mitteln gravierende Probleme lösen können. Schon 1978 fand er in seiner Gesellschaftsstudie zu Weihnachten anhand der Familie Hoppenstedt einen bahnbrechenden Weg, Verpackungsmüll schnell zu entsorgen, indem dieser aus der Wohnung ins Treppenhaus exportiert wird.

Weil Nachbarn schneller waren, wurden die Hoppenstedts vom Müll aus dem Treppenhaus beim Öffnen der Wohnungstüre überschüttet und darunter begraben. Kritiker merkten an, Loriot habe diese Szene in seinem Beitrag satirisch überzogen. Dies entspräche nicht der Realität. Loriot habe das riesige Potenzial des Müllexports unterschätzt.

In der Tat wurde Loriots Idee zu einem gigantischen Geschäft weiterentwickelt. Wir packen unseren Müll seit Jahren in Containerschiffe und schicken sie als Entwicklungshilfe vor allem nach China und Südostasien. Allein 2019 waren es 1,5 Millionen Tonnen. So haben die armen Schlucker in diesen Ländern die Chance, aus unseren Wohlstandshinterlassenschaften für ihr simples Leben gut verwertbare Dinge herauszufischen und so ihren Lebensstandard zu heben. Manches Teil muss zwar etwas aufbereitet werden, aber die Menschen dort haben ja sowieso nichts zu tun.

Leider gibt es nun ein paar Quertreiber in diesem Kreislaufwirtschaftsspiel. China entsorgt seit Beginn dieses Jahres keinen Müll mehr für andere Industrienationen. Auch Indien, Indonesien, Malaysia, Thailand und Vietnam wollen weniger von unseren großzügigen Gaben haben. Die Länder versuchen, dies mit Umweltproblemen zu erklären. Richtig verstanden haben wir ihre Argumentation nicht. Naja, Undank ist der Welten Lohn. Aber es gibt noch ein paar arme Länder, die unsere Aufbauhilfe gerne annehmen.

Einige Experten warnen allerdings davor, dass immer mehr Länder ein Wohlstandsniveau erreichen, auf dem sie dann genug zu tun haben, sich um ihren eigenen Müll zu kümmern. Wir finden diese These ein wenig abenteuerlich. Es gibt sicherlich – eventuell auch finanzielle – Anreize, das bewährte System noch viele Jahre weiterzubetreiben.

Leider können wir den visionären Loriot nicht mehr fragen, wie er das irgendwann vielleicht auf uns zukommende Problem lösen würde. Fantasten fordern, wir sollen uns einschränken und Müll vermeiden. Das ist eine Zumutung, schließlich werden wir wegen Corona gezwungen, uns aufwendig verpackte Waren aus dem Internet zu bestellen. Angesichts der sich schnell entwickelnden Weltraumtechnologie liegt es näher, den Müll auf ferne Planeten zu exportieren. Dort ist noch genug Platz.

Januar 2021

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