Zwei Dinge hat die Fußball-Europameisterschaft gezeigt: Erstens, es gibt nichts Wichtigeres als Fußball auf dieser Welt. Keine Pandemie, keine Reisebeschränkung, kein Politiker kann ein Ereignis von solcher Dimension stoppen. Die Spiele und die Show müssen immer weitergehen.
Zweitens, männliche Profifußballer sind die Könige des Sports. Diese Anmut, wenn 22 Spieler das Feld betreten: athletisch, austrainiert bis zur letzten Faser, modisch dem Trend folgend. Zu jedem Spiel gibt es eine neue Frisur, zu besonderen Anlässen ein neues Tattoo. Sie scheuen keine Mühen und Kosten, um die Top-Figaros und die angesagten Hautkünstler einfliegen zu lassen. Fußballer wissen, was sie ihren Fans schuldig sind.
Wer Fußball-Europameister werden will, muss innert vier Wochen sieben Spiele überstehen, braucht aber anfangs nicht jedes Spiel zu gewinnen. Alle paar Tage mindestens 90 Minuten hin- und herlaufen, hunderte präzise Pässe auf kurze Entfernung bewältigen oder von der Mittellinie exakt zum Torwart zurückspielen, sind gewaltige Belastungen. Wird ihnen noch eine Verlängerung aufgedrückt, weil die Zeit für Tore zu kurz war, ist die Erschöpfung der Spieler nachvollziehbar. Folglich sacken sie bei leichter Berührung des Gegners zu Boden und müssen fürchterliche Schmerzen ertragen. Je länger das Spiel dauert, desto schlimmer werden diese Leiden. Zum Trost erhalten sie einen Elfmeter oder einen Freistoß, weil Schiedsrichter oder Videoschiedsrichter dem Druck standhalten und dem Opfer nicht wie ungerechtfertigt gefordert eine Gelbe Karte wegen Schauspielens geben. Der Vorwurf des unsportlichen Verhaltens ist sowieso absurd.
Schließlich werden die Fußballer nach harten 120 Minuten noch psychisch und physisch gefoltert, in dem sie Elfmeter schießen müssen. Diese mentale Belastung und die Versagensängste sind unmenschlich, so etwas gibt es in keinem anderen Beruf. Hält ein Spieler dieser Last nicht stand und verschießt, ist er für den Rest seines Lebens stigmatisiert. Das lässt sich selbst mit einem üppigen Millionengehalt nicht heilen.
Vergleichen wir die Fußball-EM mit der gleichzeitig stattfindenden Tour de France der Radprofis und dem Rasentennisturnier in Wimbledon. Um in Wimbledon den Titel zu holen, muss der Tennisprofi ebenfalls sieben Spiele – allerdings siegreich – vollenden. Er spielt zwar etwa alle zwei Tage, zum Teil über mehrere Stunden, doch nach jedem zweiten Aufschlagspiel darf er sich zur Pause hinsetzen und einen Snack naschen. Außerdem ist der Tennisplatz deutlich kleiner als ein Fußballfeld. Zudem bringen zur Arbeit verdonnerte Kinder die Bälle und sammeln die kreuz und quer über dem Platz verschlagenen Bälle wieder ein. Deshalb spielen Fußballer auch zur Entspannung Tennis.
Schauen wir zu den Radprofis. Diese sitzen drei Wochen lang – bis auf zwei Pausentage – jeden Tag mehrere Stunden auf ihren Luxusrennrädern, die quasi von selbst fahren. Die meiste Zeit dürfen die Profis, begleitet von vielen Versorgungsfahrzeugen, durch schöne französische Landschaften radeln. Das ist eine bezahlte Sightseeingtour auf abgesperrten Straßen. Alles sehr angenehm, trotzdem fallen ständig welche vom Rad. Die häufigen Massenkarambolagen belegen zudem, dass die Radprofis ihr Metier nicht beherrschen. Zugegeben, die Radler müssen über ein paar lästige, sehr hohe Berge fahren. Doch dafür dürfen sie dopen. Das würde ein Fußballer niemals tun. Der verlässt sich auf sein unvergleichbar hartes Training, gesunde Ernährung, sehr viel Schlaf und dem enorme Kraft gebenden Sex mit einer Spielerfrau.
Ergo, Fußballer sind die wahren Helden. Wir freuen uns deshalb bereits auf die Fußball-WM im Vorzeigestaat Katar in eineinhalb Jahren. Dank der sechsten Coronawelle und des 23. Lockdowns können wir uns im November 2022 mangels Alternativen voll dem Fußballschauen hingeben und einfach genießen.