Vor allem in Konzernen entwickelt sich häufig eine eigene Sprache. Es ist eine schöne Mischung aus Abkürzungen, Denglisch und ungewöhnlichen Fachbegriffen. Diese elitäre Sprache vermittelt ein wärmendes Zusammengehörigkeitsgefühl. Außerdem können sich die da drinnen von denen da draußen abgrenzen.

Es kommt vor, dass die Konzerne hin und wieder Meldungen in die Welt versenden, aber in ihrem Sprachduktus gefangen sind. Zum Glück gibt es die Journalisten, die dank Dutzender Wörterbücher eine weitgehend verständliche Übersetzung der Botschaften erstellen.

Einige Politiker studieren nebenberuflich solche Konzernbegriffe. Mit dem Wissen versuchen sie, in Talkshows und Interviews zu glänzen. Das gemeine (Wahl-)Volk ist beeindruckt von der Redegewandtheit ihrer Vertreter, bleibt aber voller Missverständnisse zurück, weil die Sprachkurse in der Volkshochschule nicht angeboten werden.

Ein schönes, derzeit gern genutztes, Wort ist Erwartungsmanagement. Sparen wir uns die wirtschaftswissenschaftliche Definition. Besser ist ein anschauliches Beispiel: Die Ehefrau lenkt beim Stadtbummel den Ehemann wegen ihres nahenden Geburtstags geschickt zum Schaufenster des Juweliers, um dem Gatten beiläufig mitzuteilen, welche Kette ihren Hals schmücken würde. Schenkt der Mann seiner Frau – ohne Hintergedanken – einen Thermomix, dann ist an der Unzufriedenheit der Frau nicht das Geschenk, sondern der Wunsch, also das Erwartungsmanagement schuld.

Wenn die Menschen die Erwartung haben, mit dem Impfen gegen Corona müsste es viel schneller vorangehen, müssen Söder, Spahn, Habeck und Co. das Erwartungsmanagement der Bürger ändern. Präziser ausgedrückt, sie wollen das Erwartungsmanagement herunterfahren. Übersetzt heißt dies, wer geglaubt hat, er würde demnächst geimpft, wird auf den Spätsommer vertröstet.

Betriebe die Regierung gutes Erwartungsmanagement, könnte sie ihr Volk glücklich machen. Auch hier ein Beispiel: Viele Menschen wünschen sich, die Friseure mögen schnell wieder öffnen, weil sie glauben, sie sähen mit einem frischen Haarschnitt oder einer Tönung besser aus. Nutzte die Regierung vielmehr ihr geballtes Wissen, dass jeder Modetrend und jeder Look sich wiederholt, könnte sie mit einer cleveren Marketingstrategie die Rückkehr der 1970er- Jahre einleiten. Die Langhaarfrisuren waren die Krönung einer tollen Dekade. Noch ein paar Wochen des Lockdowns und viele Menschen haben dieses Idealbild wieder erreicht. So könnte die Regierung aus Bürgern mit falschen Erwartungen hippe Trendsetter machen.

Februar 2021

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