Spannung ist die Würze unseres Lebens. Die meisten Menschen lieben es, wenn die Spannung sie in den Bann zieht, sei es in Filmen, Büchern, Spielen oder bei wichtigen Entscheidungen. Deshalb bekommen wir so viele Krimis im Fernsehen zu sehen und als Bücher zu lesen. Die Könner schaffen es, die Spannung langsam aufzubauen, sie in viele Teile zu zerlegen, um sie dann ganz langsam auf den Höhepunkt zu bringen. Die Meister ihres Faches treiben es so weit, dass wir es kaum mehr aushalten vor Aufregung.
Seit Wochen warten wir auf nichts anderes so sehnsüchtig, wie auf die Namen der Fußballer, die in den vorläufigen Kader für die Fußball-Europameisterschaft daheim vom 14. Juni bis 14. Juli berufen werden. Wir wussten kaum, wie wir die Zeit bis zum 16. Mai überbrücken sollten bis zur erlösenden Nachricht des von Bundestrainer Julian Nagelmann. Unsere Erregung hat sich in eine grausame Ruhe- und Schlaflosigkeit gesteigert. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) treibt es jedoch auf die Spitze und steigt mit seiner Häppchen-Strategie in die Eliteliga der Spannungskönige auf. Täglich gibt uns der DFB einen oder ein paar Namen über tolle, millionenfach bekannte Influencer und diverse andere Medien bekannt. Gebannt durchstöbern wir alle Kanäle auf mehreren Geräten gleichzeitig, um möglichst schnell die Namen zusammen zu bekommen. Schließlich müssen wir diese mit unserer eigenen Kaderplanung in Einklang bringen.
Diese neue Strategie des DFB finden wir so gut, dass wir uns diese auch für andere wichtige Ereignisse wünschen. So könnten nach Bundes- und Landtagswahlen die Namen der Minister häppchenweise, über mehrere Tage verteilt, publik gemacht werden. Die meist fade Vorstellung der nominierten Frauen und Männer bekäme auf diese Weise einen schönen Spannungsbogen. Auch bei der Verkündung der Lottozahlen wäre es möglich, die Spannung deutlich zu erhöhen. Die Lottofee nennt uns schon am Freitag die ersten beiden Zahlen, am Samstag wieder zwei und erst am Sonntagabend veröffentlicht sie die letzten beiden plus die Superzahl. Die Spieler hätten eine über eine längere Zeit lebende Hoffnung auf einen großen Gewinn.
Bei allem Lob für die großartige Idee des DFB, es geht sogar noch ein wenig spannender. In Verbindung mit seinen Sponsoren könnte der Fußball-Bund die Namen in einem Suchspiel verstecken. Das wäre sicherlich ebenso lustig wie die Eiersuche zu Ostern oder eine bundesweite Schnitzeljagd. Jeder, der einen Namen findet, darf diesen im Medium seiner Wahl mit Unterstützung des DFB veröffentlichen und erhält dafür einen Preis. Die Deutschen bekämen das, was sie sich am meisten wünschen: Spiel, Spaß, Spannung und einen Gewinn. Außerdem würde es deren Verbundenheit mit ihrer Nationalmannschaft ins Unermessliche steigern – zumindest bis zum nächsten Ausscheiden in der Vorrunde.