Es gibt sie noch diese Helden des Fußballs, deren Treue zum Verein und den Mitspielern sowie deren Leidenschaft für das Spiel im Vordergrund und die möglichen Millionengehälter weit im Hintergrund stehen. Nein, die Rede ist nicht von dem vor wenigen Tagen verstorbenen Uwe Seeler, der noch zu Zeiten spielte, als die Vergütung ein Taschengeld war. Seine Treue zum Hamburger SV trotz aller finanziellen Verlockungen ist ausreichend gewürdigt worden.
Der Held der fußballerischen Neuzeit ist der 26-jährige Timo Werner, der angeblich auf viele Millionen Gehalt verzichtete, um vom FC Chelsea nach zwei fantastischen Jahren wieder zu seinem Herzensverein RB Leipzig in die heißgeliebte Bundesliga zurückwechseln wollte. Wenn ein bescheidener schwäbischer junger Mann dem Spaß am Fußball alles andere unterordnen möchte, geht dem Fußballfan das Herz auf.
Die Gerüchte, Werner sei aus England geflüchtet, weil ihm die Spielweise in der Premier League zu körperbetont und die Konkurrenz zu stark war, können nicht stimmen. Der Werner ist so schnell, er kann mit dem Ball allen anderen davon rennen. Allerdings reicht es nicht, mit Ball irgendwohin davon zu rennen. Es sollte schon Richtung Tor sein. Stürmerlegende Gerd Müller sagte einmal, als Stürmer müsse man wissen, wo das Tor steht. Stürmernachwuchs Werner konnte das Tor in England nur selten finden. Ob dies an den englischen Sprachkenntnissen lag und er Mitspieler nicht fragen konnte, ist nicht überliefert. Trotzdem soll der Werner für das seltene Finden des Tores 16 Millionen Euro im Jahr verdient haben. Das ist vermutlich übertrieben. Außerdem sind in London die Wohnkosten exorbitant hoch, da blieb nicht viel für ein Luxusleben.
Ein richtiger Fußballspieler will spielen und wenig Zeit auf der Reservebank verbringen. Es gibt zwar Gegenbeispiele, diese hatten aber den Zenit ihrer Karriere überschritten und wollten nur ihre millionenschweren Verträge aussitzen, weil sie wussten, was Besseres kommt nicht mehr. Außerdem macht es auch Spaß mit einem Sack voll Geld in den Taschen, entspannt den Kollegen von der Tribüne aus, beim Hin- und Herrennen zuzuschauen.
Der Werner, der will noch viel spielen. Wie schön, dass es in Leipzig ein paar Menschen gibt, die sich daran erinnern, wie Werner damals überdurchschnittlich häufig das Tor fand. In den deutschen Stadien stehen die Tore noch an der gleichen Stelle, wie vor zwei Jahren. Da wächst die Hoffnung auf viele Tore von Werner und auf die erste deutsche Meisterschaft des RB Leipzig bei den Leipziger Fans. Bei den Fans der Nationalmannschaft ist die Erfolgshoffnung allerdings gedämpft, da funktioniert Werners Navigationssystem auch schon länger nicht mehr.
Für Leipzig ist Werners Heimkehr ein gigantisches Geschäft geworden. Für gut 53 Millionen Euro hat der Verein den Werner an Chelsea verkauft und ihn für maximal 30 Millionen Euro zurückgekauft. Ein satter Gewinn. Dies ist ein Geschäftsmodell für Vereine schlechthin. Verkaufe ein hoffnungsvolles Talent an einen von Scheichs oder russischen Oligarchen gepamperten Verein. Sag dem Spieler, er soll sich dort spielerisch zurückhalten und versprich ihm, ihn nach zwei Jahren zum gesunkenen Marktwert zurückzuholen. Der Spieler ist dann noch jung genug, um in der Heimat nochmals durchzustarten.
Selbst wenn der Werner in Leipzig nur die Hälfte dessen verdienen sollte, was er in Chelsea einstrich, besteht keine Gefahr, dass er in die Armut abrutscht. Schließlich kann Leipzig von dem satten Gewinn für jedes Werner-Tor einen Bonus drauflegen und für eine Win-win-Situation sorgen. Aber vielleicht sollte jemand dem Werner und seinen ähnlich denkenden Kollegen noch sagen, dass es nicht erforderlich ist, in der kurzen Fußballerzeit das Maximum an Geld zu scheffeln, um nie mehr arbeiten zu müssen. Es ist tatsächlich möglich nach der aktiven Karriere zu arbeiten und Geld zu verdienen. Selbst wenn man nichts gelernt hat, bleibt genügend Zeit bis zur Rente, etwas Neues zu lernen.