Präpositionen gehören zu den schönsten Elementen der deutschen Grammatik. Kurz, prägnant, ausdrucksstark, sind sie wichtig für das Verständnis von Sätzen. Trotzdem werden sie häufig vernachlässigt, bisweilen sogar mit totaler Missachtung bestraft. Moderne Satzbaumeister konzentrieren sich nur auf Subjekt, Prädikat und Objekt, die gemäß Schulgrammatik einen kompletten Satz ergeben. Nicht wenige Medienschaffende neigen inzwischen sogar bei den grundlegenden Anforderungen für einen verständlichen Satz zur Reduktion und überlassen ihren Lesern damit viel Interpretationsspielraum.
Welche Bedeutung Präpositionen haben, zeigen die vielen Bezeichnungen wie Verhältniswort, Vorwort und auch Fallfügteil oder Lagewort. Liegt es an der Pandemie und dem damit verbundenen Homeoffice beziehungsweise Homeschooling oder an der erschöpfenden Erläuterung des Begriffs bei Wikipedia, dass dieser wichtige Teil der Grammatik allmählich in Vergessenheit gerät? Zähneknirschend müssen wir schon hinnehmen, wie Journalisten dort die Gegenwart verwenden, wo dringend die (richtige Form der) Vergangenheit benutzt werden müsste. Wir haben uns auch schon fast daran gewöhnt, dass der Dativ dem Genetiv sein Daseinsrecht streitig macht. Sollen wir jetzt noch die Präpositionen dem Diktat der schnellen Titelzeile vor allem im Internet preisgeben?
Es gibt erste Ansätze, mit nur noch einer Präposition auszukommen. Alles ist plötzlich gegenüber: Ein Politiker oder Experte sagt etwas gegenüber einer Zeitung, obwohl er sich dort gar nicht befindet. Der ungarische Regierungschef verschärft den Ton gegenüber der EU, deshalb soll sich die EU endlich stärker gegenüber Ungarn durchsetzen. Ein Künstler ist misstrauisch gegenüber Lob und gegenüber Kritik. Ein deutscher Konzern sieht sich gegenüber den chinesischen und koreanischen Wettbewerbern im Vorteil. Die Fußball-Nationalmannschaft hat Respekt gegenüber seinem nächsten Gegner. Die Zahl der sprachlich verarmten Zitate ließe sich noch eine Weile fortsetzen. Wer Zeit und Muse hat, kann die Sätze mit der richtigen Präposition formulieren oder weitere schöne Beispiele aufführen.
Das Artensterben bei den Präpositionen setzt sich rasant fort. Es ist allerdings ein leises Dahinscheiden. Keine Organisation kämpft für die Vielfalt dieser sprachlichen Kostbarkeiten. Verhältniswörter haben keine Lobby.
Vielleicht hat es ja sein Gutes. Freuen wir uns für nachfolgende Generationen, dass sie sich nicht mehr stundenlang in der Schule mit deutscher Grammatik herumzuschlagen brauchen. In diesen hektischen Zeiten mit schneller, einfacher Kommunikation müssen Kurznachrichten über das Smartphone reichen. Kein Platz für schmückendes Wortbeiwerk. Smileys aller Art sorgen schließlich für zweifellose Klarheit. Wer trotzdem nix versteht, ist ein Ewiggestriger der Sprache und entwickelt sich nicht weiter.
Nostalgiker deutscher Grammatik und Anhänger sprachlicher Kunst und Vielfalt können sich ja in den Ohrensessel in ihrem Lesezimmer zurückziehen und sich dort in den Werken großer Dichter und Denker verlieren. Wem schon heute Namen wie Hauptmann, Zuckmayer, Lenz, Grillparzer, Lessing oder Hebbel nichts mehr sagen, ist wohl schon komplett Emoji-sozialisiert.