Zusammengesetzte Hauptwörter sind nicht nur für die Medien, sondern auch für den Handel und die Werbebranche sowie für die Gastronomie ein Segen. Mit diesen Wörtern lassen sich Sachverhalte unmissverständlich darstellen. Dabei spielt es keine wesentliche Rolle, ob diese mit oder ohne Bindestrich geschrieben werden, auch wenn bisweilen behauptet wird, mit Bindestrich seien zusammengesetzte Hauptwörter leichter zu lesen.

Ein paar Beispiele können helfen, die Theorie zu untermauern. Wenn also die Rede von Kuhmilch ist,  wissen alle, es handelt sich um Milch von der Kuh. Gleiches gilt für die Bergbauernmilch – sie stammt vom Bergbauern. Dazu werden die Bergbauern wie die Kühe morgens und abends von den Bäuerinnen gemolken. Da Bergbauern – bislang noch – nicht so häufig schwanger werden können wie Kühe, hält sich der Ertrag trotz des hohen Konsums an Bergkräutern in Grenzen. Deshalb ist die Bergbauernmilch im Handel etwas teurer. Vielleicht wäre Bergbäuerinnenmilch die bessere Alternative, nicht nur aus Gründen der Gendergerechtigkeit.

Wer die Speisekarte im Wirtshaus studiert, findet viele einleuchtende Beispiele besonders von unser aller Lieblingsspeise Schnitzel. Das Schweineschnitzel wird selbstverständlich aus Schweinefleisch gemacht. Das Jägerschnitzel wird gern genommen, weil die meisten Jäger sich viel im Wald bewegen und deshalb im Vergleich zum Schwein mageres Muskelfleisch hervorbringen. Außerdem passt hierzu die Pilzsauce besser. Kinderschnitzel ist bei jenen Restaurantbesuchern beliebt, die kleinere Portionen bevorzugen und auf besonders mageres, junges Fleisch stehen. Allerdings müssen die Wirte genau schauen, woher sie ihre Kinder beziehen. In vielen Regionen sind die Kinder bereits zu fett und daher für die schlanke Küche ungeeignet. Die früher häufig gegessenen Zigeunerschnitzel werden allerdings nicht mehr angeboten, das hat meines Wissens etwas mit nicht mehr tolerierter kultureller Aneignung zu tun.

Für die Presse sind zusammengesetzte Hauptwörter die wesentliche Zutat zur Formulierung von  Überschriften, die sofort verstanden werden und für eine hohe Klickzahl im Internet sorgen. Ebenso sind sie bei der exakten Darstellung der oft so komplizierten Justizfälle unentbehrlich.  Zudem sind sie wichtig zur Unterscheidung der überwiegend männlichen Mörder-Typen. Gemordet wird schließlich  ohne Unterlass alles, was sich nicht schnell genug in Sicherheit bringt. Deshalb plädiere ich dafür, dass Badewannen-Mörder, Porsche-Mörder oder Döner-Mörder ebenso hart bestraft werden wie Kinder-Mörder oder Frauen-Mörder, zumal es sich hier meist um niedrige Beweggründe handelt.

Manchmal stößt der schnelle Leser selbst bei ausgeprägtem Sprachverständnis an seine Grenzen zum Beispiel beim Thema Armut. Kinderarmut kann die Armut der Kinder ebenso bedeuten, wie jene, an der ein Land leidet, in dem zu wenige Kinder geboren werden. Diese Doppeldeutigkeit wird nicht bei Frauenarmut verwendet. Bei Periodenarmut muss es sich Armut handeln, die nur in bestimmten Perioden auftritt. Oder spricht man von Armut, weil keine Periode auftritt?  Nein, es handelt sich um Armut, die während der Periode auftritt – eigentlich um Armut, die während der Periode  akut wird. Es ist aber keine Frauenarmut, sondern Armut von menstruierenden Personen, denn auch trans-, non-binäre oder geschlechtsneutrale Personen können monatlich bluten und nicht alle Frauen menstruieren. Es ist demnach eine Personenarmut, weil sich monatlich blutende Menschen nicht ausreichend mit Menstruationsartikeln versorgen können. Wenn all die Fakten nicht in eine Überschrift passen, spricht man dann von Spracharmut oder von Kreativitätsarmut?

Ein Kommentar

  1. Wir haben uns früher nach dem Zigeunerschnitzel immer noch einen M*****kopf gegönnt, Schaumküsse haben heutzutage aber weniger Kalorien als früher. Da waren die Kinder aber auch noch schlanker und die Jäger schwammen auch noch mit Klößen in der Suppe.

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