Zweifellos bin ich ein sehr guter Autofahrer. Genau betrachtet gehöre ich zu den besten Autofahrern in diesem Land. Ich fühle mich auf jedem Untergrund wohl. Bei allen Straßenverhältnissen, ob bei Regen, Schnee oder Sturm, beherrsche ich mein Auto dank meines hochsensiblen Popometers perfekt. Selbst bei 280 km/h auf der Autobahn fühle ich mich pudelwohl und bin völlig entspannt. Bei entsprechender frühkindlicher Förderung wäre ich mehrfacher Formel-1-Weltmeister geworden und hätte nebenbei auch noch mehrere Male den Titel bei den Rallye-Fahrern geholt.

Das einzige, was auf der Straße stört, sind die anderen Autofahrer. Notorische Mittelspurfahrer mit 110 km/h, jene die am Steuer vom Handy oder anderen Dingen abgelenkt sind, die dauerbremsenden Hasenfüße sowie die, die im Zeitlupentempo überholen und besonders jene, die mir keinen Platz machen – alle gehen sie mir ziemlich auf die Nerven. Ich will Spaß, ich geb Gas.

Viele  Verkehrsteilnehmer kennen die elementaren Regeln nicht. Bei einer Führerscheinnachprüfung würden sie sicher mit Pauken und Trompeten durchrasseln. Ein Fehlerbewusstsein gibt es ebenso wenig, selbst wenn man sie mehr oder weniger freundlich mit Hupen, Kraftausdrücken sowie Finger- und Armgesten darauf hinweist. Manche glauben sogar noch, sie hätten das stärkere bzw. größere Auto und könnten es sich erlauben, zu provozieren. Doch so ein Fahrzeug muss man trotz aller elektronischen Helferlein beherrschen. Das kann eben nicht jeder.

Wahrscheinlich sind aber die gut 42 Millionen Besitzer eines gültigen Führerscheins in Deutschland ebenfalls davon überzeugt, sie seien gute Autofahrer. Die Jungen können, dank ihrer jugendlichen Dynamik und Reaktionsfähigkeit die Physik außer Kraft setzen. Die Alten meistern aufgrund ihrer jahrelangen Erfahrung alle schwierigen Situationen locker. Dank der Empfehlung eines früheren bayrischen Ministerpräsidenten wissen sie zudem, dass es mit zwei Maß Bier im Magen leichter fällt, mit dem Auto zu fahren, als zu Fuß zu gehen. Schließlich dürfen sich die älteren Fahrer auf ihre Weisheit und Gelassenheit verlassen

Ältere Menschen ab 70 Jahren können deshalb gelassen einer von der EU geforderten Selbstauskunft bzw. Selbsteinschätzung zur Fahrtüchtigkeit entgegensehen. Kritiker eines solchen Verfahrens weisen auf die große Gefahr einer übertrieben positiven Fehleinschätzung der eigenen Fähigkeiten oder die Annahme der eigenen Überlegenheit gegenüber anderen hin. Dies kann nur auf ausländische Fahrer auf deutschen Straßen zutreffen. Ein deutscher Autofahrer jedenfalls neigt nicht zur Selbstüberschätzung und die Straßenverkehrsordnung darf er als freundliche Handlungsempfehlungen betrachten.

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