Es ist heutzutage ziemlich schwierig oder gar gefährlich, einen Menschen nur nach augenscheinlichen äußerlichen Attributen mit Frau oder Mann anzusprechen. Selbst bei Menschen, die man seit längerer Zeit zu kennen glaubt, kann man tief ins Fettnäpfchen treten, wenn man nicht erkennt, dass diese Person gerade eine Transformation zum anderen Geschlecht oder zu einem Neutrum vollzogen hat und nicht irgendeiner kaum bekannten Modewelle folgt. Dann beginnt für viele Zeitgenossen das eigentliche Problem: Wie spreche ich nun die vor mir stehende Person korrekt an? Braucht es dafür neue Benimmkurse?
Liebe Leserinnen, liebe Leser, liebe Leser:innen, liebe Lesende, allgemein gesprochen trägt eine von einigen Zeitgenossen – gegen eine große Mehrheit der Gesellschaft – propagierte Gendersprache nicht zum besseren Verständnis bei. Vielmehr verhunzt sie die gesprochene und geschriebene Sprache. Es ist vor allem nicht selbstverständlich, mit all den Genderbegriffen vertraut zu sein. Ich muss nicht die genauen Unterschiede zwischen divers, nicht-binär, trans, inter, bzw. lgbt+ kennen, um eventuelle Fehler bei der Ansprache bzw. beim persönlichen Umgang zu vermeiden. Wer Wert auf eine bestimmte für sich korrekte Ansprache legt, muss dies entsprechend kundtun, falls erforderlich mit einem gut sichtbaren Schildchen auf der Kleidung.
Wenn ich einen Menschen kennenlerne, muss ich grundsätzlich nicht wissen, welche sexuellen Neigungen dieser Mensch hat. Es ist ebenso unwichtig, welcher Religion sich diese Person zugehörig fühlt. Ehrlich gesagt, interessiert es mich nicht, weil diese Kenntnisse nicht erforderlich sind, um ein freundliches, respektvolles Gespräch zu führen. Die einzige Voraussetzung ist, dass beide für ein Gespräch auf dieser Basis offen sind. Entwickelt sich aus einem Gespräch eine tiefergehende Beziehung, kommen diese Themen irgendwann sowieso zur Sprache, weil sie Teil dieses Menschen sind. Dann wecken sie mein Interesse, weil ich tieferes Interesse an diesem Menschen habe.
Viele Reden bei großen Veranstaltungen sind schon lange meist unerträglich, weil man sich minutenlange Begrüßungsfloskeln anhören muss, die sogar noch die Ungleichheit bzw. die – vermeintliche – unterschiedliche Bedeutung der Gäste betont. Durch die Gendersprache wird die Begrüßung sogar noch fürchterlich verlängert, sie wird geradezu zur Tortur. Der Versuch, dadurch eine Vielfalt und eine Gleichwertigkeit aller Gäste herzustellen, scheitert damit jedoch kläglich.
Liebe Vortragende, um allen Gästen gerecht zu werden, würde doch ein einziger Satz ausreichen: Sehr geehrte Mensch gewordene Personen aller Ausprägungen und Hierarchien, ich begrüße sie herzlich… Sie könnten dabei einzig Gefahr laufen, dass jene Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – ihre Nase hoch tragen, hinterher verschnupft sind. Das können Sie gelassen aussitzen. Versnobte Leute mit unerschütterlichem Standesdünkel wird es genauso lange geben, so lange es genügend devote, anbiedernde Menschen gibt, die dieses Verhalten unterstützen.
Ich schalte inzwischen sogar Radiosendungen ab, wenn die Gender-Stolpersprache benutzt wird. Es ist einfach grausam.