In nahezu allen Branchen herrscht akuter Fachkräftemangel. Daher überrascht es kaum, dass sich auch der britische Geheimdienst schwer tut, einen Nachfolger für den im Dienst verstorbenen Spitzenagenten James Bond zu finden. Dem Vernehmen nach sind Headhunter seit Monaten damit beschäftigt, einen geeigneten Kandidaten für diese herausfordernde Tätigkeit zu suchen. Eine offizielle Ausschreibung gibt es nicht. Wir sind jedoch an die Auswahlkriterien gelangt, die den Headhuntern vorgegeben wurden.

Allen Diversifizierungs- und Genderdebatten zum Trotz, eine Frau wird keine Chance auf den Posten haben. Der Versuch, die Welt von einer Frau statt von Bond retten zu lassen, ist kläglich gescheitert. Es muss ein richtiger Mann sein, mit stattlicher Größe und gut trainiertem Körper. Das heißt, er sollte nicht nur im Anzug sondern auch in Badeshorts und in der Unterhose eine gute Figur machen. Dabei wird von den Kandidaten eine nie nachlassende Potenz und hohe sexuelle Aktivität erwartet. Schließlich muss der Bond-Nachfolger mit fast jeder Frau ins Bett springen.

Überhaupt sollte er eine extreme Widerstandskraft gegen äußere Einflüsse aufweisen. Beschuss mit Waffen aller Kaliber, Stürze aus großen Höhen, Unfälle aller Art sowie ausufernde Prügeleien sollten keine nennenswerten Auswirkungen auf seinen Körper haben. Krankenhausaufenthalte sind auf wenige Stunden begrenzt, was eine schnelle Erholungsfähigkeit der Kandidaten erfordert. Kleine Narben und Kratzer sind allerdings gern gesehen, um die Männlichkeit zu unterstreichen.

Natürlich muss der Bond-Kandidat, Führerscheine für alle Fahrzeugklassen besitzen und die Beherrschung der Autos, Lkw, Busse und Motorräder aller Fabrikate in extremen Situationen und in jedem Gelände nachweisen. Selbstverständlich erwartet der Auftraggeber auch Pilotenscheine für Flugzeuge und Hubschrauber, Boote und Schiffe, Unterwasserfahrzeuge sowie die Fahrlizenzen für Panzer. Die Kandidaten müssen in der Lage sein, sich in Sekundenschnelle mit Waffensystemen fremder Mächte vertraut zu machen. Wochenlange Lern- und Einarbeitungszeiten, wie sie ukrainische Soldaten in westliche Militärtechnik benötigen, können den Kandidaten leider nicht zugestanden werden. Der sichere Gebrauch von allen Schuss-, Stich- und Fechtwaffen ist eine  Grundvoraussetzung für diese Stelle, ebenso wie die Fähigkeiten zu tauchen – auch ohne Sauerstoff, zu klettern in schwierigstem Felsgelände sowie das Fallschirmspringen.

Es ist erforderlich, in Blindverkostungen Weine, Champagner und sonstige alkoholischen Getränke fehlerfrei zu erkennen und mit den jeweiligen Jahrgängen zu benennen. Die Kenntnisse von Nationalgerichten, besonders von Kaviar ist ein Plus. Die fließende Beherrschung von mehreren Fremdsprachen gehört zu den Anforderungen wie ein breites geschichtliches, geografisches und politisches Wissen. Die Bereitschaft zu häufigen Geschäftsreisen rund um die Welt sowie zu Nacht- und Wochenendarbeit und Überstunden ist ein Muss. Entsprechend den hohen Anforderungen und gewisser Risiken, ist der Auftraggeber bereit, mindestens eine siebenstellige Vergütung zu bezahlen. Urlaubs- und Freizeitregelungen können verhandelt werden.

Wie aus Kreisen der Headhunter zu erfahren ist, ist die Auswahl geeigneter Kandidaten klein. Hinzu kommt, dass auch andere Auftraggeber Superhelden für ihre Projekte suchen, was die Aufgabe nicht leichter macht. Darüber hinaus fragten Anwärter immer häufiger nach, ob die Aufträge nachhaltig seien. Schließlich lehnten Kandidaten bereits Anfragen ab, weil für sie die Work-Life-Balance und die Möglichkeiten zur Familienplanung unzureichend sind.

Vermutlich werden die Auftraggeber nachbessern müssen, denn wie sagte schon Raoul Silva, der Gegenspieler Bonds im Projekt Skyfall: „Sehen Sie was einem das Rumgerenne bringt, Mister Bond? Das ganze Gespringe und Gekämpfe – so anstrengend. … Ausruhen, huh – Sie müssen sich ausruhen.“

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