Heute befassen wir uns mit etwas wirklich Bedeutendem. Dazu müssen wir Ihnen ein paar Fragen stellen, um die Thematik abzurunden: Haben Sie in den vergangenen Tagen getweetet oder haben Sie einen Tweet empfangen und ihn gar retweetet? Falls Sie nicht wissen sollten, wovon wir sprechen, frage ich anders: Haben Sie in den vergangenen Tagen, Wochen, Monaten etwas unglaublich Wichtiges in wenigen Zeichen auf digitalem Weg über Twitter in die Welt hinausgeschickt? Nein? Das ist nicht schlimm. Haben Sie etwas unglaublich Wichtiges in den vergangenen Tagen, Wochen, Monaten von Freunden, Bekannten oder Familienmitgliedern via Twitter erhalten? Auch nicht? Das macht nichts. Sie sind eventuell ein Follower via Twitter eines sehr wichtigen Menschen, das heißt, lesen Sie Kurznachrichten – Tweets – von irgendwelchen Politikern, Musikern oder Sportlern, etc.? Das interessiert Sie ebenfalls nicht? Bemerkenswert!

Bevor Sie nun ins Grübeln kommen, ob mit Ihnen etwas nicht stimmt, können wir Sie beruhigen. Sie gehören zu einer überwältigenden Mehrheit von Menschen, denen Twitter egal ist. Weniger als fünf Prozent aller Menschen auf der Welt nutzen Twitter, während ein Viertel WhatsApp und knapp 38 Prozent Facebook täglich einsetzen, um sich mitzuteilen. Gut, die 1,4 Milliarden Chinesen könnte man herausrechnen, denn in China ist Twitter verboten. Dort ist jedoch fast alles verboten, was aus dem Westen kommt, also auch Facebook und WhatsApp. Man könnte sich nun fragen, ob es den Chinesen dadurch schlechter geht. Lassen wir das, wir wollen ja nicht, dass irgendwer im chinesischen Social Score Minuspunkte erhält.

Der Multimilliardär Elon Musk, der PayPal erfunden hat, E-Autos, Raketen und Überschallröhren baut, erwarb nun das Twitter-Unternehmen für 44 Milliarden Dollar – ziemlich viel Geld für ein Unternehmen mit einer Dienstleistung, die nur von ungefähr 368 Millionen Menschen weltweit genutzt wird. Keine Sorge, es trifft keinen Armen. Musk kann sich das leisten, schließlich ist er mit einem Vermögen von angeblich über 200 Milliarden Dollar der reichste Mensch der Welt. Hätten Sie nicht auch gerne einen Kanal, bei dem Sie entscheiden können, wer welche Meinung haben und diese mitteilen darf? Wer darf rein, wer bleibt draußen – Musk als digitaler Türsteher. Vielleicht rächt sich der Musk, weil er als Klein-Elon so oft von Türstehern nicht reingelassen wurde. Das wäre jetzt ein wirklich lustiger Tweet. Nein, wir twittern nicht.

Was soll er sonst mit seinem Geld machen? Krankenhäuser, Schulen oder Kindergärten in bedürftigen Regionen bauen? Das geht nicht, da hätte Musk die Qual der Wahl. Außerdem brächte ihm eine solche Investition außer regionalem Ansehen – zum Beispiel mit einem Gedenkschild im Elon-Musk-Krankenhaus irgendwo in Afrika – keinen Einfluss. Der Mann hat vielmehr der Menschheit so viel Bedeutendes zu geben und zu sagen, das geht nur über einen eigenen Kommunikationskanal. Doch wenn so wenige Menschen interessiert, was getwittert wird, wie kommen dann die so wichtigen Botschaften von den wirklich Wichtigen an den Mann und die Frau?

Zum Glück gibt es noch die traditionellen Medien: Funk, Fernsehen, Print. Diese berichten mit Begeisterung über all die wichtigen Dinge, die die (vermeintlich) wichtigen Menschen getwittert haben. Das hilft, gerade an den nachrichtenarmen Wochenenden, den eigenen Nachrichtenkanal zu füllen. Es berichten also Medien über Dinge, die die meisten Menschen nicht interessieren. Was bedeutet dies nun?  Medien heben die Bedeutung von Twitter, weil sie ständig als Erfüllungsgehilfe über Getwittertes berichten, oder die Medien machen sich uninteressant, weil sie uninteressante Nachrichten übermitteln, die die meisten Menschen nicht interessieren. Das dürfen Sie gerne twittern.

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