Können Sie sich erinnern, wann Sie zuletzt einen persönlichen, handgeschriebenen Brief bekommen oder gar einen geschrieben haben? Bei den meisten dürfte das lange her sein. Aufgrund unseres hektischen Alltags bleibt für so etwas Altmodisches sowieso keine Zeit mehr. Dank moderner Chat-Programme lässt sich die mühsame Schreiberei heutzutage schnell mit dem Smartphone überall und zu jeder Zeit ganz nebenbei erledigen. Mithilfe der Emojis ist es möglich geworden, die gesamte Bandbreite seiner Gefühle unmissverständlich auszudrücken. Das ist ein gewaltiger Fortschritt, da viele Menschen nicht mehr in der Lage sind, mehrere Sätze am Stück inhaltlich sinnvoll zu ordnen und grammatikalisch richtig zu schreiben.

Wir sollten uns ein Beispiel am bayerischen Landesvater Markus Söder nehmen. Dieser Tage war zu lesen, er verschicke täglich über 1700 Glückwünsche an Geburtstagskinder und Hochzeitsjubilare. Das sind 635.000 Grußkarten und -briefe im Jahr auf Papier und mehr als dreimal so viele wie die restlichen Landeschefs zusammen versenden. Selbst der väterlichste aller Landesväter, Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann schafft nur 80.000 Schreiben im Jahr und erreicht damit abgeschlagen den zweiten Platz. Ja, unser Markus ist eben ein Tausendsassa. Unser Glück und unsere Freude liegen ihm sehr am Herzen.

Rechnen wir mal kurz nach: Angenommen, der Markus braucht pro persönliches Glücksschreiben nur 20 Sekunden. Das wäre extrem schnell, aber wenn es einer schaffen kann, dann unser Super-Markus. Bei 1700 Schreiben am Tag zu je 20 Sekunden, säße unser Landesvater ziemlich genau neun Stunden und 27 Minuten an seinem Schreibtisch. Das ist viel mehr Zeit, als die meisten von uns pro Tag arbeiten. Dazu muss der Söder noch morgens im Radio, abends in Talkshows und tagsüber bei Pressekonferenzen zu allen wichtigen Fragen des Lebens Antworten parat haben. Dazu kommen noch Kabinetts- und Landtagssitzungen sowie Parteitage – alles fixe Termine. Zudem muss er als Befürworter und Gegner von Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie eine Doppelrolle ausfüllen. Schließlich beglückt er sein Bayern mit innovativen Ideen und Strategien in allen Bereichen und hält das Bundesland somit an der Spitze.

Wie macht er das bloß? Wie alle großen Lenker und Denker braucht Söder nur ganz wenig Schlaf. Während wir träumend in unseren Betten liegen, sitzt der Markus in der Staatskanzlei und arbeitet für unser aller Wohl. Die meisten Dinge gehen ihm dabei leicht von der Hand. Was er anpackt, wird zum Erfolg. Außerdem hat er nach der Niederlage von CDU/CSU bei der Bundestagswahl viel Zeit gewonnen, weil er nicht mehr gleichzeitig Regierung und Opposition spielen muss. Er kann somit mehr Aufmerksamkeit – so wie er es immer wollte – seinen Untertanen im Freistaat Bayern widmen. Die braucht er auch, um die undankbaren Zweifler an seiner Person wieder einzufangen. Schließlich mag man sich gar nicht ausmalen, was aus Bayern werden würde, verlöre unser Super-Markus bei der Landtagswahl im kommenden Jahr die Mehrheit.

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