Der Serbe Novak Djokovic möchte so gerne überall von den Menschen geliebt werden. Doch diese pflegen eine ambivalente Beziehung zum Tennis-Weltranglistenersten. Sie respektieren seine famosen Leistungen auf dem Tennisplatz seit vielen Jahren. Wahrscheinlich wird er in seinem Sport allein aufgrund der Erfolgsstatistik zum GOAT (Greatest Of All Time) werden. An die Beliebtheit und den Status eines Roger Federers oder eines Rafael Nadals wird Djokovic niemals heranreichen.
Der absurde Wirbel um seine Einreise in Australien, wo er am ersten Grand-Slam-Turnier des Jahres teilnehmen möchte, wird ihm im Ansehen sogar noch schaden. Seit Monaten macht er ein Geheimnis um seinen Impfstatus. Dank einer umstrittenen, nicht transparenten Ausnahmegenehmigung der Organisatoren – die auch eine Handvoll anderer bekam – durfte er trotz der seit Langem bekannten restriktiven Einreiseregeln inklusive Impfpflicht nach Melbourne fliegen. Die Erlaubnis, einzureisen, erhielt er jedoch nicht. Die australische Regierung hat die Ausnahmegenehmigung als nicht ausreichend bewertet und ihn folgerichtig in ein Hotel für Ausreisepflichtige verfrachtet. Nun muss ein australisches Gericht eine Entscheidung am Montag treffen.
Djokovic hätte alle Möglichkeiten gehabt, zur Lösung des Falls beizutragen. Er hütet jedoch seine Geheimnisse. Mit welchem Recht glaubt der Tennisstar Sonderrechte zu besitzen, die es ihm erlauben sollten, Regeln brechen zu dürfen, die alle anderen Menschen selbstverständlich einhalten müssen. Die unangemessenen, überzogenen Reaktionen des serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić und von Regierungschefin Ana Brnabić machen darüber hinaus aus einem eigentlich unwichtigen sportlichen Fall eine politisch-diplomatische Farce.
Australien sollte sich davon nicht beeindrucken lassen und hart bleiben. Die Regierung sollte Djokovic – und die paar anderen ungeimpften Spieler – nach Hause schicken. Das ist die Regierung ihren Bürgern schuldig. Die Menschen haben teilweise bis zu eineinhalb Jahren gelitten, weil sie aufgrund der Pandemie und der damit verbundenen restriktiven Einreiseregelungen nicht in ihr Heimatland zurückkehren durften. Das hat bei vielen seelische Narben hinterlassen. Um glaubwürdig zu bleiben, kann die australische Regierung Djokivics Eskapaden nicht tolerieren. Sportler sind ein wichtiger, aber kleiner Bestandteil einer Gesellschaft. Sie stehen auf keinen Fall über ihr. Das gilt selbstverständlich auch für herausragende Vertreter ihres Sports. Vielmehr tragen diese eine besondere Verantwortung und eine Vorbildfunktion, weil viele Fans sie bewundern und ihnen nacheifern. Um dies zu erkennen, braucht es menschliche Größe. Djokovic hat sie offensichtlich nicht.