Wem es an Sachverstand auf einem Wissensgebiet fehlt, aber wichtige Entscheidungen treffen muss, tut gut daran, einen Experten zu fragen. Die Bundesregierung kann seit 1963 die Expertise des Sachverständigenrats nutzen – muss es aber nicht. Die fünf Wirtschaftsweisen bewerten und begutachten die Lage mehr oder weniger gut, je nachdem durch welche Parteibrille der Kritiker schaut.

Wenn es um die Berufung eines Wirtschaftsweisen geht, reden CDU und SPD intensiv mit. Sie bevorzugen Professoren, die den parteipolitischen Interessen nahestehen. Das ist nicht neu, doch in diesem Jahr sind viele Wahlen, da kann eine Partei auf die Idee kommen, dies mit den Berufungswünschen zu verknüpfen. Also blockiert die SPD die Wiederwahl des seit zehn Jahren im Gremium sitzenden Lars Feld, weil der als Ordnungspolitiker sich an den Prinzipien von Markt und Wettbewerb orientiert und gegen einen großen Einfluss des Staats eintritt. Das passt der einstigen Volkspartei nicht, weil sie unter anderem glaubt, mit dem Lösen der Schuldenbremse Stimmen fangen zu können.

Diese Blockade sorgte dafür, dass Feld gestern ausscheiden musste und es wohl bis zur Bundestagswahl keinen Ersatz geben wird, weil der wiederum von der CDU nicht akzeptiert wird. So schrumpft die Wirtschaftsweisheit im so bedeutenden Parteiengeplänkel um eine Person.

Ein Experte ist gut, wenn er unabhängig nach seinen Überzeugungen argumentieren kann und nicht nach dem Mund seines Auftraggebers reden muss. Dies erfordert Beratungsoffenheit und die Fähigkeit, Widerspruch auszuhalten. Es kommt aber leider öfter vor, dass sich Firmenpatriarchen und Topmanager mit Ja-Sagern umgeben, weil sie sich selbst für allwissend und unfehlbar halten. Sie benötigen nur eine Bestätigung ihrer Meinung. Kriecher, Schmeichler und Speichellecker nehmen diese Rolle gegen Vergünstigungen wie Boni, Beförderungen oder Dienstwagen gerne wahr.

Manchmal kommt es vor, dass selbst die tollen Chefs mit ihrer Strategie am Ende sind, dann kommen die Könige der Berater ins Spiel. Die Unternehmensberater finden mit viel Aufwand jene Fehler im System, die findige Mitarbeiter schon lange vergeblich angeprangert und dafür Lösungsansätze angeboten hatten.

Weil Propheten im eigenen Land nichts gelten, dürfen Berater gegen üppige Tagessätze effizienzsteigernde Lösungen anbieten, die irgendwo, irgendwann mal funktioniert haben. Diese werden – ob sie passen oder nicht – gegen alle Vorbehalte durchgesetzt. Die Berater ziehen reich beschert von dannen. Die unbequemen Querdenker verlassen das Haus. Verklärt vom neuen Mantra steuert das Unternehmen weiter dem Abgrund zu – nur auf einem anderen Weg.

Februar 2021

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