Der österreichische Ikarus ist abgestürzt und verlässt gerupft die politische Bühne. Sebastian Kurz, ehemaliger Bundeskanzler, früherer Außenminister und zuletzt noch Vorsitzender und Fraktionschef der österreichischen Volkspartei tritt von allen politischen Ämtern zurück – mit gerade mal 35 Jahren. Eigentlich wollte der Überflieger aufgrund der laufenden Korruptionsermittlungen gegen ihn nur eine vorübergehende Pause vom Bundeskanzleramt machen und dabei jedoch die Fäden im Hintergrund weiter in der Hand halten. Nun ist es ein jähes Ende einer über zehn Jahre rasant steil nach oben verlaufenden Karriere.  

Es macht stutzig, wenn ein extrem ehrgeiziger Politiker wie Kurz, der sich so große Ziele gesetzt hatte, abrupt alles hinwirft.  Seine beiden wesentlichen Argumente, die er in einer Medienkonferenz zur Begründung gab, können nicht wirklich überzeugen. Natürlich ist die Geburt seines Kindes vor wenigen Tagen, ein einschneidendes, überwältigendes persönliches Ereignis für Kurz und seine Freundin. Es ist jedoch kaum zu glauben, dass dies einen Machtmenschen wie Kurz davon abhalten würde, weiter an seinem Denkmal als wichtigstem Politiker Österreichs zu basteln. Naheliegend sind dagegen die Ermittlungen gegen ihn und der Gegenwind, der ihm sogar aus seiner ihm untertänigen eigenen Partei zuletzt immer stärker entgegenblies. Mit blumigen Worten gibt er zu, wie sehr ihm die Untersuchungen zusetzen. Doch noch immer versucht er den Eindruck zu vermitteln, dass an all den Vorwürfen gegen ihn überhaupt nichts dran sei und er dies irgendwann auch gerichtlich bestätigt bekommen würde. Sein Rücktritt zeigt allerdings, dass er so lange nicht warten will, kann oder darf.

Schon im Zuge der langen Ermittlungen der unglaublichen Ibiza-Affäre, über die der damalige Vizekanzler und Chef der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Heinz-Christian Strache, gestolpert war, war Kurz ins Visier der Ermittler geraten. Er machte dabei keine gute Figur sowohl in seiner Argumentation – mit angeblichen Falschaussagen – als auch im Auftreten.  Die Inseratenaffäre mit geschönten Umfragen in den Medien, die sogar zu einer Durchsuchungsaktion im Bundeskanzleramt geführt hatten, war schließlich zu viel des Schlechten. Dabei war Kurz angetreten, die politische Kultur in Österreich zum Positiven zu verändern. Ein Ziel, dass er eigentlich schon zu dem Zeitpunkt verfehlt hatte, als er alle Macht in seiner Partei auf sich vereinigte.

Letztlich war es ein kurzer Höhenflug eines talentierten, eloquenten und auch mutigen Politikers, der wie so viele Beispiele vor ihm, zu hoch hinaus wollte und dabei auch vor fragwürdigen Methoden und Wegen nicht zurückschreckte. Spannend sind letztlich noch drei Fragen, ob er sich wirklich vor Gericht rehabilitieren können wird, welches lukrative Pöstchen im kommenden Jahr nach dem vorübergehenden Abtauchen ins Familienglück auf ihn wartet und ob er nun eine innenpolitische Krise auslöst. Der plötzliche Rücktritt des aktuellen Bundeskanzlers Alexanders Schallenberg nur wenige Stunden später ist bereits der erste Dominostein.

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