Die Dreierkonstellation aus SPD, Grünen und FDP steht. Sofern aus den eigenen Reihen der Parteien nicht noch Störfeuer dazwischen kommen, sind der Koalitionsvertrag und damit die Ziele für die kommenden Jahre geschrieben. Dass dies sogar im Zeitplan gelang, war aufgrund der anfänglich großen Unterschiede nicht unbedingt zu erwarten. Das größte Ausrufezeichen setzten die Verhandler mit ihrer strikten Diskretion. Nichts drang nach draußen, somit konnte auch nichts in der Öffentlichkeit zerredet und madig gemacht werden. Wie wichtig dieser Punkt ist, zeigten die gescheiterten Gespräche zwischen der Union, den Grünen und der FDP vor vier Jahren. Dieser neue Zusammenhalt während der Gespräche ist eine gute Vertrauensbasis und spiegelt sich im Auftreten der Verhandler wieder. Sie sind sich auch menschlich näher gekommen.
Der Koalitionsvertrag ist ein ausgewogenes, solides Ergebnis, in der sich alle drei Parteien gut wiederfinden. Er vermittelt in vielen Politikbereichen eine Aufbruchstimmung, die berechtigte Hoffnungen auf Fortschritte macht. Noch wichtiger ist, dass sowohl im Papier als auch im Auftreten aller drei Parteien das Gemeinsame zum Vorschein kommt. So entsteht der Eindruck, die Teams um Olaf Scholz, Christian Lindner sowie Annalena Baerbock und Robert Habeck haben einen Weg gefunden, den sie zu zusammen zu einem gemeinsamem Ziel gehen wollen und können, ohne zu viel von ihren Vorstellungen preisgeben zu müssen. Jene Medien, die in solchen Situationen gerne kleinkariert nach Siegern und Verlierern der Verhandlungen suchen, mögen sich in Erinnerung rufen, dass sich in der Bundesregierung erstmals eine solche Konstellation zusammengefunden hat. Was diese erarbeitet hat, ist vielversprechend.
Natürlich hat jeder Kompromiss und damit der Koalitionsvertrag seine Schwächen. Am stärksten zeigt sich dies sicher an der Frage der Finanzierung der gemeinsamen Projekte. Hier lagen von vornherein die größten Differenzen zwischen den drei Parteien. Doch auch in diesem wichtigen Punkt wird die Koalition Lösungen finden, zumal sie quasi zwei Finanzminister in ihren Reihen hat: Lindner und Scholz. Außerdem stellt sich die Frage, wie seriös eine Finanzplanung zum heutigen Zeitpunkt wäre. Die Corona-Pandemie hat schon die finanziellen Pläne der bisherigen Regierung enorm durcheinandergewirbelt. Die neue Regierung wird noch viel Geld in die Hand nehmen müssen, um die wirtschaftlichen Folgen zu bewältigen. Vermutlich wird diese Krise die Regierung noch mehr Zeit, Kraft und Geld kosten, als uns allen lieb ist. Die Ampel-Koalition startet mit extrem schwierigen Rahmenbedingungen. Wenn sie den guten Geist der Verhandlungen in die Regierungsarbeit mitnehmen kann, könnte die neue Regierung ihren Weg trotzdem erfolgreich meistern.