Seit der Erfindung der Medien gilt ein unverrückbares Grundgesetz: Bad news are good news. Dies heißt bekanntlich nichts anderes, als dass die Menschen lieber negative Nachrichten lesen, hören oder sehen. Seit es die sozialen Medien gibt, werden die Fans besser und breiter versorgt. Dramen, Peinlichkeiten, Schamlosigkeiten und sonstige menschliche Abgründe dürfen wir zugespitzt und überspitzt genießen. Häufig geben zwar die Texte nicht mal annähernd, dies wieder, was die Überschrift versprochen hatte. Doch wenn es der Aufmerksamkeit dient, ist alles erlaubt. Wenn sich ein paar Leser auf den Arm genommen fühlen und deren Vertrauen in die Medien schwindet … ja mei, ein bisschen Schwund ist immer und um die Weicheier ist es doch nicht schade. Hauptsache, das Bad-News-Geschäft läuft.
In Punkto schlechter Nachrichten war diese Woche eine ziemlich miese. Natürlich durfte jeder, der wollte und suchte, sich an den Verfehlungen der Menschen ergötzen. Doch so richtig wurde die Lust nach Skandalen – sieht man mal vom österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz und den üblichen krass dramatischen Polizeimeldungen ab – nicht befriedigt. Es gab einfach zu viele sehr gute Nachrichten in dieser Woche.
Natürlich kommt es auf den Blickwinkel an, welches Positivum, das wichtigste war. Die Schüler dürfen sich wieder über maskenfreie Zeiten in den Bildungsanstalten freuen. Das Partyvolk darf endlich ohne Einschränkungen in Bars, Clubs und Diskotheken feiern und sich gemeinschaftlich besaufen. Schließlich wurde noch bekannt, die Impfquote ist viel höher als vermutet. Damit hätten wir eigentlich die Herdenimmunität erreicht. Das sagt bloß keiner, das hätte ja weitere Konsequenzen.
Gleich zwei Nobelpreise – je einer in Physik und in Chemie – gingen nach Deutschland. Allen Pisa-Studien zum Trotz: Wir Deutschen sind einfach die Besten! Mit dem Friedensnobelpreis 2021 wird endlich mal die beste Berufsgruppe der Welt gewürdigt. Zwar sind die beiden Ausgezeichneten nicht aus dem Land der Dichter und Denker, sondern ein Journalist aus Russland und eine Journalistin von den Philippinen, egal, wir Journalisten sind eine große Familie und halten immer fest zusammen.
Auch in der Kultur ereignet sich Sensationelles. Am heutigen Freitag wird in München pünktlich die neue Isarphilharmonie eröffnet. Liebe Hamburger und Berliner bitte genau lesen: Nach nur eineinhalb Jahren wurde in der bayerischen Landeshauptstadt für gerade mal 40 Millionen Euro der neue Tempel für Konzerte erbaut. Was eigentlich als Provisorium gedacht ist, erweist sich nach den ersten Tests der Musiker als so gut, dass es sogar zu einer Dauereinrichtung werden könnte, zumal diese sich noch hervorragend in ihre Umgebung eingefügt hat. Das alles kann nicht stimmen, das muss eine Ente (= fake news; Erklärung für social media people) sein. Das lässt sich doch bestimmt noch etwas Negatives finden.
Die schönste politische Nachricht kam für viele CSU-ler aus Berlin. Während der fränkische Terrier Markus über Wochen mit seinem Gekläffe und seiner Wadenbeißerei den Busenfreunden aus der CDU viel Freude machte, hat das Kämpferherz des großen Kanzlerkandidaten der Union, Armin Laschet, gelitten. Zum Leidwesen seines loyalen Unterstützerkreises macht er den Weg für einen personellen Neuanfang frei. Vielleicht sollte nur noch jemand dem CSU-Chef Söder sagen, dass seine Chancen aufs Kanzleramt dadurch nicht größer geworden sind.
Der Höhepunkt der Arbeitswoche spielte sich jedoch in den sozialen Medien ab. Internet-Guru Mark Zuckerberg schenkte Millionen Menschen sechs Stunden Freizeit. Für die meisten kam das überraschende Präsent zu kurzfristig. Sie konnten darauf nicht mehr reagieren. Da ja gleichzeitig Facebook, Whatsapp und Instagram eine Pause machten, konnte sich niemand mehr schnell genug informieren, wo was geht, und sich auch nicht mehr verabreden. Weil sich alle über SMS schreiben mussten, dass sie gerade über keine der drei Plattformen erreichbar sind, waren die sechs Stunden zu schnell verstrichen. Lieber Herr Zuckerberg, wenn sie uns das nächste Mal so ein tolles Geschenk machen wollen, kündigen Sie es doch bitte rechtzeitig vorher an. Ihnen stehen ja mehrere Kanäle zur Verfügung.