Wie heißt es so schön, die Kunst liegt im Auge des Betrachters und kann unterschiedlich interpretiert werden. Was dem einen gefällt, dem anderen jedoch nicht, ist Geschmackssache. Bekanntlich lässt sich über Geschmack nicht – oder irrational endlos – streiten. Trotzdem ist es nicht möglich, eine für alle zufriedenstellende Lösung zu finden. Gleichwohl gibt es genügend Menschen, die sich fürchterlich ereifern können, ob ein Gemälde, eine Skulptur, etc. als Kunst zu werten ist.
Eine Lebensweisheit behauptet, Kunst komme von können. Wer von uns Nichtkünstlern stand nicht schon vor Objekten, die als Kunstwerke deklariert wurden und dachte, das hätte ich genauso gut hinbekommen. Blöd muss sich der vorkommen, wenn er in einem hochdotierten Bild einer Ausstellung eine erstaunlich genaue Kopie seines Werks erkennt, das er im Kindergarten gemalt hat. Diese Malerei rief zwar die Begeisterung der Lehrerin und der Eltern hervor, brachte aber dem unterschätzten Künstler außer einem leckeren Eis keinen Geldsegen ein.
Können bedeutet allerdings auch die Fähigkeit, etwas Neues, Unerwartetes oder Überraschendes zu schaffen. Es ist Kunst, wenn es die Gefühle der Betrachter in Wallung bringt. Kunst ist deshalb oft eine Frechheit. Viele Kunstwerke sind als reine Provokation entstanden. Glücklicherweise gibt es einige Menschen, die sogar bereit sind, dafür Geld zu zahlen. Es scheint, je größer die Dreistigkeit des Schöpfers, desto höher der Preis.
In der Volkswirtschaft kennen wir den Snob-Effekt. Dieser besagt, je exklusiver ein Produkt ist und je weniger es sich leisten können, desto größer ist der Anreiz für den Snob es zu kaufen. Nun gibt es genügend Menschen, die besitzen einen so gigantischen Reichtum, da spielt der Preis keine Rolle. Es zählt allein, die – finanzielle – Überlegenheit zur Schau zu stellen. Deshalb kaufen diese Snobs auch solche Kunst, die von anderen als Granatenmist bezeichnet wird.
In New York ist eine Banane mit einem silbergrauen Klebeband des Konzeptkünstlers Maurizio Cattelan versteigert worden. Er hatte 2019 auf der Art Basel Miami Beach eine Banane mit dem Klebeband an der Wand befestigt. Der Eigentümer – der chinesische Snob und Unternehmer Justin Sun – war bereit, dafür 6,2 Millionen Dollar zu bezahlen. Der Vollständigkeit sei erwähnt, dass es sich bei der Banane nicht mehr um das Original von 2019 handelte, sie war mehrfach erneuert worden. Genau genommen ist das Werk also nur eine Kopie.
Dieses Kunstobjekt ist an Unverfrorenheit kaum zu überbieten und Cattelan fand dafür den passenden Titel „Comedian“. Dafür wird der Italiener mit Reichtum überschüttet. Der Käufer übrigens will die aktuelle Banane des Kunstwerks essen, um „ihren Platz in der Kunstgeschichte und der Populärkultur zu ehren“. Wer jetzt schreit, im Supermarkt hätte er ein ganzes Kilo Bananen für einen Euro kaufen können, versteht überhaupt nichts. Durch die Schöpfung des Bananenkunstwerks in Verbindung mit dem Verspeisen der Frucht durch den Snob ist ein großer Erfolg gelungen: die größte Verarschung der Kunstwelt seit langem.
Menschen, die mit ihrem Geld nichts besseres anfangen können, sind zwar finanziell reich, aber im Geiste arm.