Das Amüsanteste an Wahlen ist die Berichterstattung im Fernsehen, direkt nachdem die Wahllokale geschlossen wurden. Wenn die ersten Hochrechnungen vorliegen, entern die Spitzenkandidaten die Sendeanstalten. Um dem erregten Wahlvolk das Ergebnis und deren Gründe dafür zu erklären, laufen diese Politiker zu Hochform auf. Was sie zum Besten geben, toppt jedes Kabarett-Programm.
Egal, welche Fragen die Moderatoren stellen, die Spitzenkandidaten aller Parteien spulen ihre auswendig gelernten Sätze aus dem Antwortkarteikästchen herunter, das schon vor 50 Jahren genutzt wurde. Natürlich sprechen sie zuerst ihren Dank an die Parteimitglieder aus, die bis zur totalen Erschöpfung auch in den letzten Sekunden noch um jede Stimme gekämpft haben. Über die Lobeshymnen für ihre Partei vergessen sie die Frage. Diese war ja sowieso aus dem Fragenkarteikästchen für Politikjournalisten.
Gründe für das schlechte Ergebnis? Standardantwort aus Karteikästchen: Die Partei konnte ihre guten Leistungen nicht deutlich und den Wählern die Argumente nicht verständlich machen. Mit anderen Worten, bei einem solch blöden Wahlvolk kann die Partei mit Fakten nicht landen. Die verstehen nur einfache Parolen. Wir als traditionelle, altbackene Partei wissen gar nicht wie Parolen gehen, die stehen nicht in unserem Karteikästchen.
Mit den jungen Wählern wird alles noch schlimmer. Die schauen sich keine der bewährten politischen Fernsehsendungen an, wo Politiker (fast) ohne Widerspruch ihre eigenen – bisweilen seltsam lustigen – Ansichten rausplaudern dürfen. Oder Politiker sitzen in Talkshows und reden alle so lange durcheinander, bis der Zuschauer nur noch abschalten kann. Außerdem lesen die jungen Menschen keine Zeitungen mehr, wo die seit Jahren altbewährte Partei- und Politikberichterstattung ihr Zuhause hat. Stattdessen tummeln sich die Jungen auf sozialen Medien und amüsieren sich prächtig über Politiker, die versuchen ihre Kernbotschaften zu tanzen. Mehr Politiker sollten einen Tanzkurs machen.
Am besten sind jedoch die scharfsinnigen Schlussfolgerungen vieler Politiker nach der Wahl – vor allem bei desaströsen Ergebnissen ihrer Partei. Der Niedergang der Grünen kann nur etwas mit dem albernen taktischen Verhalten der undankbaren Wählerschaft zu tun haben. Dass viele Menschen von der moralinsauren, bevormundenden und zunehmend einschränkenden Politik der Umweltpartei nichts mehr hören wollen, steht vermutlich nicht in deren Karteikästchen. Die altehrwürdige SPD braucht und findet keine Argumente, warum sie ihren Status als Volkspartei verlor und sie es in einigen Landtagswahlen nur mit Mühe ins Parlament schaffte. Die SPD hat schließlich die Wahl in Brandenburg in beeindruckender Manier gewonnen. Jetzt ist alles wieder gut.
Leider gibt es keinen Kabarettpreis für Politiker. Der erste würde eindeutig an die Vertreter der FDP gehen. Die Analyse, nach der die Politik der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP, den Absturz in die Bedeutungslosigkeit der FDP bewirkt hat, ist köstlich. Wer in Landtagswahlen nicht mehr auf dem Ergebnistableau auftaucht und bei Werten um ein Prozent herumkrebst, ist dem politischen Tode nahe und redet wahrscheinlich im Fieberwahn. Obwohl noch nicht mal 80 Jahre alt, scheint die Demenz in der Partei weit fortgeschritten zu sein. Niemand erinnert sich mehr daran, dass die FDP – außerhalb des gallischen Dorfes Baden-Württemberg – weder in der Regierung noch in der Opposition dauerhaft über den Status einer kleinen Klientelpartei hinausgekommen ist. Selbst die besten Kabarettisten können nicht erklären, warum die so beliebten FDP-Spitzenpolitiker nie ein Direktmandat gewinnen.
Köstlich, aber warum bekommt die CDU/CSU ihr Fett nicht ab?
Keine Sorge, die sind auch noch dran. Dafür brauche ich mehr Platz. 😉