Der Druck ist in den vergangenen Wochen zu groß geworden. Nach dem desaströsen Fernsehduell hatte Joe Biden keine Chance mehr auf ein politisches Überleben in seiner Partei der Demokraten und als Kandidat für eine Wiederwahl. Zu viele Vertreter der Partei und selbst ihm nahestehende Politiker rückten immer weiter von ihm ab. Deshalb war es der richtige Schritt Bidens, Platz zu machen, voraussichtlich für seine Vize-Präsidentin Kamala Harris.
Biden würde bis zur Wahl nur noch daran gemessen, ob er öffentliche Auftritte ohne Aussetzer bewältigen und seine Sätze sinnvoll beenden kann. Gerade in Zeiten vieler politischer Krisen und der Kriege brauchen die USA für die nächsten vier Jahre einen körperlich und mental starken Präsidenten. Auch wenn nicht klar ist, wie es um Joe Biden tatsächlich gesundheitlich steht, es ist die zunehmende Zahl der Zweifler, die es dem Präsidenten nicht ermöglichen, weiter zu machen. Dabei geht es nicht um seine jahrelangen unbestrittenen Verdienste, seine Erfolge und sein Engagement in unterschiedlichen politischen Rollen. Um gegen den neuen Messias der Republikaner, Donald Trump, eine Gewinnchance zu haben, braucht es eine geeinte demokratische Partei, die sich geschlossen hinter der Kandidatin oder dem Kandidaten versammelt.
Auch wenn mit Biden mit seinem Rückzug das Unvermeidliche eingesehen hat und den Demokraten zu einer Aufbruchstimmung verhelfen kann, verpasste er eine große Chance. Er hätte seine Corona-Infektion strategisch clever nutzen und aus gesundheitlichen Gründen sofort aus dem Amt scheiden können. Seine Vize-Präsidentin bekäme mit dem Amtsbonus eine gute Starthilfe für das Rennen um die nächste Präsidentschaft. Harris hätte dreieinhalb Monate Zeit, sich als Präsidentin bei den Wählern einzuprägen. Gleichwohl hat Trump eine Trumpfkarte verloren, er kann sich nicht mehr als der jüngere und dynamischere Kandidat darstellen. Trump äußerte sich schon überheblich und geringschätzig über Harris. Es ist gut möglich, dass er seine Gegnerin unterschätzt und die Wahl schon als gewonnen betrachtet.